Wissenwertes aus Bernburg
Till Eulenspiegel
Der Eulenspiegelturm in Bernburg, im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt gilt als das größte Denkmal des Volkshelden Till Eulenspiegel, der von 1300 bis 1350 gelebt haben soll und als der bekannteste Schelm und Schalksnarr Deutschlands gilt. Der Eulenspiegelturm, ein Rundturm, ist der mächtige Bergfried von Schloss Bernburg, hier soll sich "Eulenspiegel" um 1325 als Turmbläser verdingt haben.
Nach der Überlieferung wurde Till Eulenspiegel im Jahre 1300 in Kneitlingen am Elm geboren. Eulenspiegel ist nicht als ausgewiesener Narr herumgezogen. Tatsächlich war er seinen Mitmenschen an Geisteskraft, Durchblick und Witz überlegen. Eulenspiegels Streiche ergaben sich meist daraus, dass er eine bildliche Redewendung wörtlich nahm. Er verwendete dieses Wörtlich nehmen als ein Mittel, die Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen bloßzustellen und seinem Ärger über Missstände seiner Zeit Luft zu machen. Er starb nach der gereimten mittelniederdeutschen Inschrift auf dem Gedenkstein aus der Mitte des 14. Jahrhunderts im Jahr 1350 in Mölln.
Eine Abbildung in einer der ersten erhaltenen Ausgaben des Eulenspiegels zeigt ihn bereits mit Spiegel und Eule in Händen. Eule und Spiegel haben jeweils eine alte Tradition und wurden entsprechend gedeutet. Seit der griechischen Antike gibt es die literarisch-didaktische Tradition des Spiegels zum Zweck der Selbsterkenntnis sowie zum Abgleich von Soll- und Ist-Zustand. Eulenspiegels Verhalten, Redensarten wörtlich zu nehmen, greift diesen Gedanken deutlich auf. Ferner ist der Spiegel auch ein Narrenattribut. Die Eule galt im alten Griechenland als Vogel der Weisheit, im Mittelalter jedoch als Vogel des Teufels. Beide Bedeutungen des Symbols der Eule wurden bei Namensdeutungen herangezogen, da Till in seinen bloßstellenden Streichen sowohl Weisheit und geistige Überlegenheit demonstriere, aber auch teuflische und zerstörerische Ideen habe.
Die Sage vom Till Eulenspiegel auf Bernburg an der Saale
Eines Tages kam Eulenspiegel zum Grafen von Anhalt, der auf der Bernburg wohnte. Es war ein mächtiger und reicher Herr, der sich viele Feinde geschaffen hatte und der sich deshalb eine starke Burgwache halten musste. Eulenspiegel trat als Turmwächter in seinen Dienst. Von früh bis spät musste er hoch oben im Turm sitzen und ins Land hinausschauen und Alarm blasen, wenn sich Feinde nähern sollten. Auf dem Turm war es kalt und der Wind blies durch das Gebälk. Zur Mittagszeit setzte sich die Burgwache an die vollen Tische. An den Turmwächter aber dachte niemand, daher litt Eulenspiegel großen Hunger.
Am nächsten Tag zog ein feindlicher Trupp bis vor die Mauern und trieb alle Kühe und Schafe fort, die dort weideten. Eulenspiegel sah dem Treiben zu und dachte gar nicht daran Alarm zu blasen. Als der Graf die Untat bemerkte, waren die Räuber längst über alle Berge. Sogleich ließ er Eulenspiegel holen und fuhr ihn böse an: "Warum hast du nicht Alarm geblasen? Du musst doch die Räuber gesehen haben!" Eulenspiegel antwortete: "Ja Herr, das ist nicht so einfach. Mit leeren Bauch bläst es sich schlecht. Ich habe es ja versucht, aber ich brachte vor Schwäche keinen Ton heraus." "So schwach kannst du doch nicht gewesen sein!", zürnte der Graf, "Ich will wissen warum du nicht ins Horn geblasen hast!" Da ließ Eulenspiegel den Kopf hängen und erwiderte: Ich fürchtete mit dem Blasen noch mehr Feinde anzulocken. Und einer solchen Überzahl hättet Ihr Euch schwerlich erwehren können."
"Haltet mich nicht zum Narren!", schrie der Graf Eulenspiegel an. So saß Till Eulenspiegel weiter auf dem Turm, und wenn es für andere Speisen und Trank gab, blieb er wie vorher vergessen.
Als der Graf nun mit seinen Burgvolk zu Tisch saß, ertönte vom Turm das Horn. Der Graf sprang auf, alle Knechte mit ihm. Sie ließen die Mahlzeit stehen und stürmten zum Tor hinaus. Als auch der Letzte die Burg verlassen hatte, stieg Eulenspiegel vom Turm, setzte sich an die Tafel und langte kräftig zu. Dann steckte er sich noch einige saftige Bratenstücke in die Tasche, nahm einen Krug Bier und begab sich wieder auf den Turm zurück. Bald darauf war der Graf zurück und tobte vor Wut. Sogleich ließ er Eulenspiegel holen.
"Warum hast du diesmal Alarm geblasen?", fuhr er ihn an. "Draußen ist kein einziger Feind zu sehen!" "Herr!", antwortete der Schalk. "Ich bin ein Turmwächter und so ist es meine Pflicht zu blasen." Der Graf: "Aber es war ja weit und breit kein Feind zu sehen." Eulenspiegel: "Eben deshalb wollte ich Feinde herbeirufen." Der Graf befahl: "Auf den Turm kommst du mir nicht wieder. Du bist ab sofort Knecht beim Fußvolk." Wenn die Knechte des Grafen gegen den Feind hinauszogen, blieb Eulenspiegel ein Stück zurück. Und wenn es zur Burg zurückging, dann war er stets der Erste um auch als erster an der Tafel zu sitzen.
Das blieb vom Grafen nicht verborgen und er zog den Schelm zur Rechenschaft. Der aber verteidigte sich mit unschuldiger Miene. "Als ich damals mit leeren Bauch auf dem Turm saß, da habt ihr mich vergessen, davon bin ich so schwach geworden, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Wenn ich kämpfen soll dann muss ich erst einmal wieder zu Kräften kommen. Deshalb sitze ich immer als erster am Tisch und stehe als letzter auf." Da sprach der Graf: "Du sollst nicht länger in meinen Diensten sein."
Till Eulenspiegel war damit sehr zufrieden und machte sich davon.